Eine Warteschlange bildet sich, wenn mehr Anforderungen pro Zeitspanne an ein System gerichtet werden, als dieses in derselben →Zeit verarbeiten kann, die Nachfrage also die maximale Leistung des Systems übersteigt. Warteschlangen sind somit Zeugnisse eines systemischen Mangels und unerfüllt gebliebener Wünsche, aber auch Ritual der Unterbrechung und zugleich erzwungener, unvermeidbarer Bestandteil des →Alltags.
Die Warteschlange ist gleichermaßen Sozialisationsinstanz und soziale Skulptur.
Warteschlange und →Warteräume werden heutzutage so konzipiert und oder geleitet, dass sie möglich →Effizient sind und kein Wartegefühl auftritt. →Ablenkungen und ausgeklügelte Systeme sollen die →Zeit schneller verstreichen lassen.
→Defunctland – Disney’s FastPass: A Complicated History
Zeit Online: »Mit der Diagnose der Ausweglosigkeit werden Sie in der jungen Generation, die die Klimafrage auch auf die Agenda von uns Älteren setzt, keine gute Laune auslösen. Oder philosophisch: Was wird aus Walter Benjamins Satz, dass uns um der Hoffnungslosen willen die Hoffnung gegeben sei?«
Wolfram Eilenberger: »Ich möchte noch einmal mit Simone Weil antworten. Sie hat über das Phänomen des Schlangestehens als schmerzhaftester Form des Wartens nachgedacht. Sie meinte, das Schlimme daran sei nicht das Warten selbst, sondern, dass man in der Schlange letztlich nicht wisse, ob man die Belohnung fürs Warten erhalten werde. Und auch dass die anderen irgendwie schuld daran sind, dass das Ziel noch nicht erreicht sei, dass sie der Lösung im Weg stehen. Dem hielt sie die Haltung eines reinen Wartens entgegen – eines Wartens ohne Erwartung auf Heil und Befriedigung. Das ist auch ein Bild für die heutige politische Unruhe und ihre apokalyptische oder eben messianische Ungeduld: Wir stehen in der Schlange. Die Güter und Perspektiven werden knapp und wir wissen nicht, wie es ausgeht, obwohl wir uns einsetzen. Vor allem weil auch die Zeit so teuflisch knapp scheint. Wer aber mit Weil lernte, rein zu warten, was ja viel schwieriger ist und nach mehr Selbstbeherrschung und Mut verlangt als beispielsweise das Vordrängeln, das Stürmen, Boykottieren, Kollektivieren oder gar Plündern des ganzen Ladens – dem würde in ihrem Sinne die reine Gegenwärtigkeit geschenkt. Also eben jene Form der Aufmerksamkeit, aus der wahre Anfänge und auch wahre Hoffnung entspringt. «
Anzug aus einem →Interview mit dem Philosophen Wolfram Eilenberger in der Zeit.
Ablenkung
Abreißkalender
Absichtslosigkeit
Achtsamkeit
Alltag
Anfang
Anwärter*in
Aufmerksamkeit
Countdown
Dauer
Effizienz
Eieruhr
Ende
Endlos
Ereignis
Erwartung
Ewigkeit
Geduld
Gefühlte Zeit
Gegenwart
Happening
Jetzt
Kontemplation
Langsamkeit
Langweilig
Leerstelle
Moment
Nichts
Nichtstun
Paradoxon
Pause
Queuing Theory
Sinnlos
Situation
Spektator
Stille
Temporär
Ungeduld
Unproduktivität
Vergangenheit
vergegenwärtigen
Verweilen
Warten
Warteraum
Warteschlange
Weg
Weile
Zeit
Zeiterfahrung
Zeitfreiheit
Zeitinvestition
Zeitmesser
Zeitperspektive
Zeitraum
Zen Buddismus
Ziellos
Ziel
Zukunft
Zwischenraum